Nach einem Jahr Pandemie werden die Protestrufe auf der Strasse und in der Politik lauter: Wir leben in einer Corona-Diktatur! Mindestens so schlimm wie bei den Nazis und in der DDR!
Die Nazi- und DDR-Vergleiche sind natürlich Quatsch. Aber trotzdem müssen wir uns fragen: Ist am Diktatur-Vorwurf möglicherweise etwas dran? Die Pandemie ist schliesslich eine einmalige Situation, in der Vieles ganz anders ist, als wir es uns seit Jahrzehnten gewohnt sind. Könnte es sein, dass wir uns tatsächlich weg von einer Demokratie bewegen?
Um diese ziemlich wichtige Frage zu beantworten, schauen wir uns genauer an, wie in der Politikwissenschaft gemessen wird, ob ein System diktatorisch ist. Wir beurteilen die aktuelle Lage anhand fünf unterschiedlicher Diktatur-Messinstrumente – und stellen fest, dass unsere demokratischen Rechte intakt sind. Das gilt auch für temporäre Beschneidungen von Freiheit wie die Maskenpflicht, weil diese Massnahmen in gesetzlich klar geregelten Bahnen ablaufen.
Warum finden trotzdem so viele Menschen, dass wir in einer Corona-Diktatur leben? Vielleicht hat es etwas mit dem Demokratie-Verständnis der Corona-Querdenker*innen zu tun: Alles, was ich schlecht finde, ist Diktatur; nur meine Meinung zählt.
Würden wir tatsächlich in einer Diktatur leben, gäbe es nicht Tausende von Corona-Protestierenden, die auf der Strasse protestieren. Stattdessen gäbe es Tausende von Vermissten, die über Nacht verschwunden sind.